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Schnäppchenjäger - deutsche Sparsamkeit

In den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg offenbarte sich die sprichwörtliche Sparsamkeit der Deutschen in vielfältiger Weise, doch gab nicht jeder offen zu, dass man Socken stopfte, damit sie länger getragen werden konnten und dass man Reste von Paketschnur aufbewahrte, weil sie schließlich noch verwendet werden konnte. Als in Deutschland vielerorts endlich wieder das Gefühl aufkam, sich etwas leisten zu können, wollte man nur ungerne als jemand gelten, der jeden Groschen dreimal umdrehte. Bei Aldi einzukaufen, galt sprichwörtlich als Armutszeugnis, und wer glaubte, das eigentlich nicht nötig zu haben, tarnte die Einkäufe vom Discounter mit Tüten von teureren Geschäften.

Von diesem Schamgefühl, das damals mit Sparsamkeit einherging, ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Anstatt dessen gelten die Deutschen als ein Volk von Schnäppchenjägern, wobei es heute für einen großen Teil der Bevölkerung absolut notwendig ist, die Lebenshaltungskosten niedrig zu halten. Der Slogan "Geiz ist geil" ist symptomatisch für eine Gesellschaft, in der die Schnäppchenjagd darüber hinaus zu einem beliebten Zeitvertreib geworden ist. Prinzipiell möchte man am liebsten auf nichts verzichten, aber es soll bitte auch so wenig wie möglich kosten. Nicht zuletzt die letzte Finanzkrise, vielleicht aber auch ein Umdenken in Sachen Ressourcenverbrauch haben dazu geführt, dass sich heute bei immer mehr Menschen wiederum ein Sparsamkeitsdenken erkennen lässt, das sich nicht nur auf die Geldausgaben bezieht, sondern auch auf einen sparsamen Umgang mit Materialien und Rohstoffen. Das Reparieren und Ausbessern ist wieder angesagt, man wirft Dinge nicht mehr so bedenkenlos auf den Müll wie noch vor wenigen Jahren.

Dennoch gilt der sorgfältige Umgang mit Geld als eine typisch deutsche Tugend. So sind Discounter in Großbritannien immer noch fast ausschließlich der Unterschicht vorbehalten. In Frankreich, Italien und Spanien ist man ohne Weiteres bereit, für gutes Essen auch gutes Geld zu bezahlen, während Deutsche immerfort auf der Suche nach dem billigsten Angebot sind, was für Nahrung, Kleidung, Autos und Urlaub gleichermaßen gilt. An Sparsamkeit an sich ist ja grundsätzlich auch überhaupt nichts auszusetzen, doch hat das aus Köln stammende Sprichwort "Watt nix kost?, iss och nix" (Was nichts kostet, ist auch nichts wert) ebenso seine Berechtigung.