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Selbstbestimmung

Übergriffigkeit - Abgrenzung üben

Wenn von Übergriffigkeit die Rede ist, denken viele zuerst an sexuelle Übergriffe. Tatsächlich aber ist im Grunde jeder Versuch, in die Kompetenzen anderer massiv einzugreifen und ihnen ihre Entscheidungsberechtigung abzusprechen, ein Übergriff. Die äußert sich manchmal in einer übertriebenen Hilfsbereitschaft, die hauptsächlich darauf beruht, dass übergriffige Menschen der Meinung sind, sie wüssten besser, was gut für andere Personen ist, als diese selbst. Wird ihr Hilfeangebot abgelehnt, werden aus den angeblich gut gemeinten Ratschlägen schnell Vorwürfe und man muss damit rechnen, als undankbar verurteilt zu werden.

Personen, die zu Übergriffen neigen, leiden meist unter einem wenig ausgeprägten Selbstwertgefühl. Dabei sind sie nicht in der Lage, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und in Frage zu stellen. Entsprechend sind sie auch nicht zur Empathie fähig und nicht offen für das, was andere bewegt. Meist beurteilen sie andere Menschen in negativer Weise und machen sie für ihre Defizite und falschen Erwartungen verantwortlich. Gleichzeitig fühlen sie sich anderen Menschen überlegen und können deren Erfolge nur schwerlich anerkennen. Zu einem wertfreien Urteil sind sie kaum in der Lage.

Übergriffige Personen sind wahre Energie- und Zeiträuber. Mit ihren Ratschlägen, Belehrungen und Hilfsangeboten versuchen sie, die Aufmerksamkeit der Umwelt zu erlangen, die sie so dringend benötigen. Wer eine derartige Person in seinem Bekanntenkreis hat, wird die Erfahrung machen, dass sie dazu neigt, andere emotional zu erpressen. Es ist verhältnismäßig schwierig, sich einem solchen Freund oder einer solchen Freundin gegenüber abzugrenzen. Wenn man die- oder denjenigen zurückweist, wird man immer wieder mit Vorwürfen zu rechnen haben, die ein schlechtes Gefühl verursachen. Und doch ist die Abgrenzung notwendig, wenn man selbstbestimmt leben möchte, auch wenn man dabei riskiert, dass die Freundschaft in die Brüche geht. Denn jeder Mensch ist als erstes für sich selbst verantwortlich und hat zudem das Recht, sein Leben so zu führen, wie es ihm gefällt.