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Milch

Molkereien im Wandel

Früher, in der guten alten Zeit, hat jeder Milcherzeuger seine Milch selbst verarbeitet. Daher kam es vor, dass zum Beispiel die Butter eines hiesigen Bauern anders schmeckte, als die Butter des Nachbarhofes. Auch die Käsevielfalt war im Vergleich zu heute um einiges größer. Die Butter als Schleswig-Hohlstein galt zum Beispiel als so aromatisch, dass sie es sogar bis in die höfische Tafelkultur schaffte und Eingang in historische Kochbücher fand. Doch was ist davon übrig geblieben?
Im Zuge der Industrialisierung wurde die Milchwirtschaft vereinheitlicht und zur Vorbeugung einer Versorgungskrise immer stärker zentralisiert. Der Trend ist noch nicht abgeschlossen. Immer weniger Molkereien erzeugen immer mehr Masse. Milch erzeugende Bauern sind heute verpflichtet, ihre Rohmilch in einer Molkerei ihres Einzugsgebietes abzugeben. Die Folge: Die Geschmacksvielfalt der Milcherzeugnisse nahm stark ab. Norddeutsche Butter kann man heute geschmacklich nicht von der aus dem Allgäu unterscheiden. Die berühmte Fassbutter, welche noch durch eigene Bakterienstämme ihre unverwechselbare Charakteristik bekam, sucht man heute vergebens. Butter aus einer modernen Molkerei schmeckt dazu vergleichsweise fad. In unserer sterilen normversessenen Gesellschaft kennt man nur keimfreie Butter, aus der das letzte Tröpfchen Molke in Zentrifugen rausgeschleudert wurde, sodass nichts weiter als Milchfett übrig bleibt.

Die Molkereien selbst tragen nicht unbedingt Schuld an diesem Umstand; schließlich sind sie dazu gesetzlich verpflichtet, ein charakterloses Massen-Etwas auf den Markt zu werfen. Jede noch so geringfügige Geschmacksnote wird bei der Bewertung des Produktes als Normabweichung verstanden und führt zur niederen Einstufung des Produktes. Selbst Biomilchprodukte unterscheiden sich geschmacklich nicht von ihrer industriellen Konkurrenz. Als qualitativ hochwertig wird ausschließlich das angesehen, was den Richtlinien entspricht.
Der nahezu hysterische Hygienewahn zwang die Molkereien dazu, etwas so köstliches wie Rohmilchbutter von der Produktpalette zu streichen. Wer noch ursprüngliche aromatische Milcherzeugnisse probieren möchte, muss sich an französische Produkte halten. Denn in Frankreich gibt es sie noch: Die Höfe, die in alter Manier ihre Erzeugnisse selbst herstellen. So mancher Feinkostladen in Deutschland führt ihre Waren - zur Freude der deutschen Gourmets - sogar Rohmilchbutter.

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